19.05.2017 Barbadelo - Gonzar (NEE da war nich schick) Ventos de Naron



Schritte: 42.803
Strecke: 37,8 km
Zeit: 8:59
Höhe: 726 m hoch  591 m runter
Blasen: 0

Text dauert noch etwas, nur kurz Statistik.
Nach 17 km wollte und konnte ich nicht mehr und dann so ein Tagesergebnis!
3,6 km hätte ich ja noch gemacht, aber dort gibt es nur eine Herberge, die von protestantischen Jugendlichen geleitet wird - mit Matratzenlager und gemeinsamen Beten... So weit hat mich der Weg nach Etappe 29 nun doch noch nicht!


Boh, wat für eine Schnarcherei die Nacht. Um 3 Uhr lag ich da mit allem an Decken usw. auf dem Kopf, was ich finden konnte. Aber es hat nix gebracht. Ich wollte schon fast lospilgern. Irgendwie hab ich dann doch geschafft, noch einmal einzuschlafen und gegen 6:20 Uhr war ich wieder wach.

Aufstehen klappt ganz gut, das Bein ist nur nicht belastbar. Also stehe ich erstmal zwei Minuten vor meinem Bett, bis ich überhaupt das linke Bein soweit benutzen kann, dass ich humpelnd ins Bad komme.

Wenn ich erstmal in Gang bin, dann klappt es ganz gut. Nach 5-10 Minuten Laufen sieht man mir nicht mal an, dass ich irgendwelche Probleme mit dem Bein habe.

Na, nur Pause machen ist blöd. Dann wieder richtig in Gang zu kommen... Selbst, wenn ich nur für ein Foto stehen bleibe, sind die ersten 10 Meter wieder sehr eierig.



Der Weg ist einfach unglaublich!  Wie durch einen Zauberwald, voll verschrumpelter, mit Moos bewachsener Bäume, immer auf uralten Römerstraßen, gesäumt von den verwitternden Steinreihen, die damals von den Römern als Wegbegrenzung angelegt wurden.

Von den Pilgermassen auf den  letzten 100 km bekomme ich gar nichts mit. In der ersten Stunde treffe ich auf niemanden.



Ich treffe schließlich Diane und Johannes. Er raucht noch und macht eh meist länger Pause. Sie bricht gerade auf. So gehen wir eine Zeit zusammen, bis ich mit meinem Tempo doch langsam davon laufe. Ich sach ja "wenn ick erstmal lofe, dann jeht et janz jut!".

Johannes holt mich dennoch ein und so gehe ich etwas schneller und lasse mich eine Zeit lang durch sein Tempo ziehen. Das geht nicht lange gut, da ich auch schon seit 14 km ohne Pause am Laufen bin.

Ich werde deutlich langsamer und nach 17 km überholt mich auch Diane wieder. Das erste Ziel Portomarin ist schon in Sicht, aber es geht nicht mehr weiter.

Kleine Rast. Ich liege auf einer Wiese im Gras, lege das Bein hoch und esse drei Tage altes Brot mit Salami.

Nach 10 Minuten muss ich weiter. Irgendwie die 2-3 km nach Portomarin schaffen. Notfalls mache ich da dann heute Schluss.



Der Ort sieht schon von Weitem schrecklich aus. Außer einer alten Kirche sieht man nur neue Gebäude.

In den Sechzigern ist hier ein Stausee angelegt worden und der alte Ort Portomarin liegt irgendwo dadrinnen. Also es ist soweit schon verständlich, warum dieser Ort mir nicht gefallen will. Es ist halt ein typischer Ort im 60er- bis 70er-Jahre Baustil.

Okay, das Schild am Ortsrand verrät, wo der Pilgerweg weiter geht: Über die Treppe hoch in den Ort und dann links, rechts, auf und ab, kreuz und quer mit hoch und runter durch den Ort... Wozu?

Auf dem Schild sieht man den Verlauf sehr gut. Wenn ich hier gleich ein paar Meter nach links gehe, kommt eine Brücke und da geht der Pilgerweg wieder hinter Portomarin weiter.

Viel Überredung brauche ich auch trotz meines Beines nicht, direkt weiter zu gehen. Also auf zur nächsten Möglichkeit zum Übernachten in ca. 8 km - wird schon irgendwie klappen.



Erst geht es wieder nur bergauf und ich bin immer noch meist alleine auf dem Weg. Es sind kaum andere Pilger hier auf dem Weg unterwegs. Schon etwas verwunderlich, wo die angeblichen Massen geblieben sind, oder sein sollen... Mir kommt es schon so vor, als wenn deutlich weniger auf dem Weg sind als an den letzten Tagen.


Vorbei geht es an einer stinkenden Hühnerfabrik, die mich vom Geruch her in der Nase auf gut einem Kilometer begleitet.



Etwas später komme ich nach Gonzar, was ja auch mein Tagesziel gewesen war.

Naja, mal wieder so ein Bauerndorf an der Straße. Sieht irgendwie aus wie bei uns auf dem Dorf.

Nach meinem Tacho bin ich knapp 30 km auf den Beinen. Es ist jetzt wirklich mal Zeit für eine vernünftige Pause mit Essen, Trinken und ausgedehntem Sitzen.

 


Johannes kommt auch kurz nach mir hier an und ist etwas gereizt: warum der Weg durch Portomarin so lang war, obwohl man später ja nur ein paar Meter hinter der Brücke wieder auf einer anderen Brücke hätte gleich weiter gehen können... Tja, das Schild hat er wohl gesehen, aber die beiden wollten sowieso in einen Supermarkt. Deshalb hätten sie da eh nicht viel dran ändern können.


Er bestätigt mir zumindest, dass die Innenstadt von Portomarin auch nicht viel anders aussieht wie man von Weitem erahnen konnte und dass ich wirklich nichts verpasst habe.

Diane kommt auch etwas später hier an und kann überhaupt nicht verstehen, dass ich es mit meinem Fuß geschafft habe, sie zu überholen.



Der Weg nach Hospital Da Cruz geht 600 Meter nur bergauf und es geht sich nach der Pause echt wieder ganz gut. Auch die Anlaufschwierigkeiten, die ich sonst nach einer Pause brauche, um zurück in den Schritt zu finden, sind so gut wie weg.



Der Ort ist es auch nicht, hat nur eine Herberge. Die ist mitten an einer Hautstraße mit viel Verkehr. Also warten Johannes und ich, bis uns Diane eingeholt hat. Wir machen uns zu dritt auf den weiteren Weg nach Ventas de Naron.

Die beiden laufen meistens nicht nach Strecke, sondern einfach immer bis ca. 16:00 Uhr.

Der Ort ist klein und gemütlich, besteht nur aus ein paar Häusern und zwei Herbergen. In der ersten Herberge sind genug Betten frei und auch für mich gibt es mal wieder ein Einzelzimmer im Nachbarhaus mit Blick auf den Kuhstall.

Aber alles toll! Die Zimmer sind sich immer sehr ähnlich. Das WLAN ist meist vorhanden, aber total lahm und selbst der Upload von den Bildern klappt in den seltensten Fällen.


Tja, nu bin ich unter 80 km vor Santiago, wenn denn die Angaben auf den Steinen stimmen. Die Strecke ist so oft geändert worden. Wahrscheinlich wird die immer mal durch ein anderes Dorf geführt, weil jeder mal etwas verdienen möchte, so dass die Angaben laut meines Führers nicht wirklich stimmen sollen. Aber an meinem 29. Tag bin ich jetzt schon so dicht vor dem Ziel - und wenn ich ab morgen 25-30 km am Tag gehe, könnte ich schon am Montag in Santiago sein und nicht wie nach meiner letzten Hochrechnung erst am Mittwoch.

Nur noch drei Tage laufen... und dann in Ruhe Santiago anschauen, mal zur Pilgermesse und mit dem Bus ans Meer. Bin gespannt, wie es sich anfühlt, nicht mehr jeden Morgen loslaufen zu müssen.


Nobby wird wohl morgen in Santiage ankommen. Der ist bis auf ca. 20 km schon davor. Also auch einen Tag früher, als er geplant hatte.


Mal schauen! Melide ist für morgen das Ziel. Das Bein ist nicht mehr so dick, aber leider noch immer nicht ganz okay. Mal sehen, wie das nach einer weiteren Nacht aussieht.