13.05.2017 Rabanal del Camino-Riego de Ambros


Schritte: 27.993
Strecke: 24 km
Höhe: 70 Stockwerke - 464 m hoch und 701 m runter
Zeit: 6:46
Blasen: 0



Der Morgen sieht erstmal recht trocken aus und macht Hoffnung auf einen schönen Tag, also mache ich mich ohne Poncho und Gamaschen auf den Weg.

Aber schon mal zurechtlegen, man weiß ja nie!

Auf der Strecke hinaus aus dem Dorf treffe ich auf die beiden "iPad-USA-Typen". Schade, dass es hier kein WLAN auf der Strecke gibt. Da müssen die doch tatsächlich einfach nur laufen und können nicht nebenbei irgendwelche lustigen Katzenvideos schauen.



Der Ort Foncebadon ist mit 5,5 km doch recht einfach und schnell erreicht. Die Strecke ist nicht wirklich schwierig, bis auf ein paar kleine kurze Abschnitte. Foncebandon ist wieder so ein Ort, wo ich das Gefühl habe, in Schlumpfhausen oder bei Asterix zu sein. Das sieht alles gar nicht echt aus...

Und hier hatte Nobby gestern das erst mal auch Probleme, der ist jetzt kurz vor mir und sein Knie hat ihm hier wohl sehr zu schaffen gemacht.



Von hier geht es, an einem Esel vorbei, ein paar Kilometer weiter bis zum Cruz de Ferro. Auch dieser Weg ist jetzt mit meinen Stöcken relativ leicht zu gehen und hat nur ab und an sehr schwierige Abschnitte.

Auf dem Weg, also eigentlich direkt beim Esel treffe ich auf einen Amerikaner, mit dem ich mich gut unterhalte und wir helfen uns gegenseitig, ein paar Fotos zu machen, die nicht so aussehen, wie die üblichen Selfis.

Bis zum Kreuz gehen wir zusammen mit seiner Frau gemeinsam, und er bietet mir an, ein Foto von mir zu machen. 

Das Kreuz ist jetzt auch eines der Ziele, welches einen ganz besonderen Stellenwert für mich hat. So muss ich erstmal klar kommen, dass ich so plötzlich wirklich hier bin!

Ich gehe kurz hoch, fasse das Kreuz an, um es erstmal zu begreifen, dass ich hier tatsächlich hoch gelaufen bin.

In einer ruhigen Ecke auf einer Bank suche ich meinen von Zuhause mitgebrachten Nagel aus meinem Gepäck. Ich brauche einen Moment um die Eindrücke und Gefühle die hier auf mich einprasseln zu verarbeiten und suche mir einen Augenblick später geeigneten Stein auf dem Boden, um den Nagel in den Stamm des Kreuzes zu schlagen.




Die Gegend besteht ja nur aus Steinen, deshalb ist ein brauchbaren schnell gefunden. 

Zuerst hänge ich mit dem Nagel ein Bild von Justin und Ela am Kreuz auf um die beiden etwas zu ärgern...

Die haben mir ja schließlich zur Verarschung das Foto vor paar Monaten mitgeben wollen.

Im Anschluss wird der Nagel im Stamm versänkt und meine mitgebrachten Wünsche und Gedanken hier abgeladen.

Ein sehr emotionaler Moment, den man hier erleben kann.



Der weitere Weg führt nach Manjarin, einem verfallenen Ort, in dem es aber irgendwo eine Herberge geben soll und eine Hütte, die man schon kennt, wenn man sich mit dem Camino beschäftigt hat.

Dort lebt ein Mann, der eigentlich nach Santiago pilgern wollte, irgendwie hier hängen geblieben ist und sich im Sinn der Templer dazu verpflichtet hat, hier seinen Dienst zu tun. Das macht er jetzt schon seit Jahren und ist nicht mehr ganz alleine.

Heute will der Camino mir endlich mal wieder zeigen, wie schön er sein kann. Stellenweise wachsen hier Pflanzen wie unserer Heide in einer unvergleichlichen Landschaft. Aber nur mit den Bergen und den kahlen, mit Moos bewachsen, Bäumen möchte ich hier nicht im Dunkeln alleine sein...



Kurz danach erscheint, wie einer Oase in der Wüste, eine mobile Bar. Ein Espresso und das Wasser auffüllen kommt jetzt gerade recht. Jetzt beginnt der Abstieg, den ich schon seit Tagen mit einem flauen Gefühl entgegen sehe. Aber es geht sich hier sehr gut. Das Knie macht keine Probleme. Allerdings versuche ich auch, so vorsichtig wie möglich jeden Schritt zu gehen.

Der linke Fuß meckert etwas, aber sonst ist alles im grünen Bereich.



Dieser Ausblick und ich hatte bis jetzt immer noch kein Frühstück! Also ist die nächste Bank meine und das Frühstück wird vor einem tollen Panorama eingenommen.

Wie immer komme ich bequem mit bisschen Brot und Salamin sowie Käse aus. Ich bin hier wirklich mit sehr wenig schon leicht zufrieden und satt zu bekommen.



Im nächsten Kleinen Ort in Acebo setze ich mich zu Joe und Ashley und trinke gemütlich ein Bier. Der Himmel sieht etwas nach Regen aus, also packe ich für den weiteren Weg, den Poncho schon einmal griffbereit. Ich breche alleine auf und treffe im Ort auf ein Paar aus Deutschland die erst sein ein paar Tagen auf dem Camino unterwegs sind. Sie hat einige Probleme beim laufen und sind sehr beeindruckt das ich in den Pyrenäen gestartet bin. Das ich nicht alles selber gelaufen bin sondern auch mal Bus fahren musste, verschweige ich natürlich nicht. Beim weiteren Abstieg komme ich am Ortsausgang an der neuen Herberge "Alberge la Casa del Pelegrino" vorbei, die hier so gar nicht in die Landschaft passen will, sowas modernes gibt es als Herberge glaube ich nur ein mal auf dem Weg. Jetzt dauert es auch nicht mehr lang bis es anfängt zu regnen und mit jetzt schon genug Übung, ist der Poncho auch schnell angezogen.



Angekommen in Riego de Ambros, habe ich für Heute auch genug Streck zurück gelegt und auch mein geplantes Ziel für Heute erreicht. Ich komme an einer kleinen Kirche vorbei, an der sich auch direkt eine Herberge befindet. Die Herberge ist laut meinem Plan die einzige im Ort - ohne WLAN und ohne Heizung... Aber das wird schon gehen! Weiter möchte ich heute nicht mehr und ohne WLAN komme ich mittlerweile sehr gut aus und so kalt ist es jetzt nicht, das eine Heizung nötig wäre, also dann passt das schon.



Kurz umziehen und frisch machen. Schnell schauen, ob ich noch irgendwo etwas zu Essen kaufen kann. Es ist ja Samstag und gleich 15 Uhr - dann gibt es erst am Montag wieder etwas.

Nööö, hier wohl eher nicht! Es gab wohl mal einen kleinen Laden, so steht es auch im gelben Pilgerführer, aber der hat seit ein paar Jahre zu. Am Ortsausgang soll es ein Bar geben mit WLAN. Habe zwar mein Handy nicht dabei, aber etwas zu Essen und ein Bier wären jetzt nicht schlecht.

Der Kellner ist so blind, dass ich nach fünf Minuten kurz davor bin, meinem Schirm nach ihm zu schmeißen... der steht an seiner Kasse, schreibt WhatsApp-Nachrichten und merkt nicht, dass jemand da ist. Irgendwann kommt jemand aus der Küche und gibt mir eine Karte. Unglaublich, der Typ! Nachdem ich mein Essen ausgesucht habe, läuft der bestimmt zehnmal an mir vorbei, ich schaue ihn an und mache mich deutlich bemerkbar, aber er will einfach nicht kapieren, dass ich jetzt bestellen möchte...

Nach dem Essen das gleiche Spiel beim Bezahlen. Der rennt zwischen Tresen und Küche, sowie auf dem Weg zu den anderen Gästen, mit Tellern ständig an mir vorbei - und schaut nicht einmal in meine Richtung...


Der würde überall auf diesem Planeten pleite machen! Sein Glück, dass nur er hier in Riego de Ambros seine Taverne hat und der Weg ihm immer neue Gäste bringt! Stammgäste würde der auch nie bekommen! Und ohne seine Frau und Mutter in der Küche wäre der auch hier in ein paar Wochen pleite...

Aber das Essen und das Bier sind eine Wucht, meine ersten Patat Bravas (1/2 und 1/2 gekocht und gebratene Kartoffeln mit scharfer Tomatensauce) einfach aber so lecker und macht so Satt.



Die Herberge ist zwar einfach, aber sehr originell und gemütlich. Okay, es gibt hier keine Heizung, aber in der Küche gibt es immerhin einen Ofen. Also bevor ich ganz einschlafe, gehe ich noch etwas in die Küche.

Das Schreiben geht ja heute nicht direkt, also muss ich trotzdem erstmal offline im Notizbuch alles vom Tag aufschreiben.

Ab und an schaut mal jemand vorbei, um nach der Wäsche zu sehen, die hier im einzigen beheizten Raum vor dem kleine Ofen auf der Leine hängt. So habe ich beim Schreiben und Reste essen immer mal Besuch und lerne dabei auch einen jungen aus Deutschland kennen.

Um 21:30 Uhr wird es Zeit fürs Bett (um die Zeit würden mich zuhause keine zehn Pferde ins Bett bekommen). Genau wie gestern habe ich das gleiche spanische  Pärchen als Bettnachbarn und weiß jetzt schon, was mich in der Nacht erwarten wird: Schnarchen! Und die können das beide sehr gut und laut! Die arme Jenny aus Süd-Korea, die auch noch in dem 4er-Kabuff liegt! Ich hatte ihr schon gesagt, dass ich schnarche und gefragt, ob sie etwas für die Ohren dabei hat... Sie meinte nur, das wäre ja nur wie ein Lullabye - ein Schlaflied von drei Schnarchern in D-Dur! Okay, wer es mag!


Denn mal N8



Na sowas! Da hab ich doch glatt das Foto vom Esel vergessen!