01.05.2017 Burgos-Rabe de las Calzadas


Schritte:17.774
Strecke: 14km
Höhe: 38m oder 8St. ?
Blasen: 0

"Meine 11.Etappe" ist eigentlich die 13. oder 14 - je nachdem, wo und wie man schaut. In den meisten deutschen Büchern oder auf diversen Internetseiten sind es 32 Etappen. In den spanischen Führern sind es meist nur 27-28 Etappen, was sicherlich auch daran liegt, dass die Spanier doch sehr oft den Gepäcktransport nutzen. Häufig sind die in Gruppen unterwegs und meistens nur mit einem Mini-Rucksack für das Nötigste am Tag.

Am Abend habe ich mir nochmal mein Gepäck genauer angeschaut und überprüft, wie und wo ich eventuell noch etwas einsparen könnte. Ankommen möchte ich, und da muss ich schauen, wie ich meinem Knie dabei so gut es geht helfen kann. Tja... schweren Herzens muss ich feststellen, dass die Gasflasche schon weit über die Hälfte leer ist. Nur Kaffee kochen würde sicherlich weit über 100 x klappen, aber das Kochen dauert doch immer so lange wie 5-15 x Kaffeewasser aufsetzen. Nachschub hatte ich noch nirgends gesehen, also werde ich mich leider von meinem Kocher trennen. Meine Bandage für den Fuß, die Magneten aus Pamplona und Burgos und ein paar andere Kleinigkeiten werden somit auch aussortiert. Es sind dann wohl nach Küchenwaage aus dem Appartement ca. 1,4 kg, die ich ab jetzt nicht mehr täglich tragen muss.
Mal schauen, was das bringt.
Der Eigentümer vom Apartment ist so freundlich, da Heute Sonntag ist, die Sachen zu verpacken und für mich Morgen zur Post zu bringen. 
Der Weg raus aus Burgos zieht sich etwas und nach etwas über 4 km ist endlich das Ende von der Stadt erreicht.
Am Ortsausgang gibt es eine kleine Herberge, also kann man hier auch bei Normalen pilgern die Stadt anschauen und dort schlafen, somit hat man schonmal paar Km bei der nächsten Etappe gespart. 


Das Knie macht so mit, wie ich es erwartet habe. Die Bandage habe ich am Morgen für die erste Etappe wieder angelegt, und ob das Ziehen und Stechen jetzt von der Bandage kommt oder immer noch das selbe Problem ist, wird sich zeigen. 

Auf dem Weg durch Burgos treffe ich auf einen kleinen Italiener aus Torin. Der ist nicht wirklich gesprächig und erzählt nur kurz, dass er nicht der Schnellste ist und nicht mehr als 10-12km pro Tag geht. Der Schnellste ist er wirklich nicht und so ist er bald nicht mehr in Sicht. 

Ich treffe auf jemanden mit exakt meinem Rucksack und spreche ihn an. Endlich mal wieder ein Deutscher. Er kommt von Teneriffa hier her und es ist sein erster Tag. Er ist Musiker und seit 20 Jahren dort in einer Kapelle als Trompeter und da ich schon etwas mehr Erfahrung mit Rucksack und dem Camino habe, fragt er mich erstmal alles über Herbergen und die ersten Etappen usw. aus.

Keine Familie, keinen Partner und auch gar keinen Bock drauf. Er meint "so lange wie er schon alleine ist, wird man schon langsam komisch. Wenn mal Besuch da ist oder so, dann ist man auch echt froh, wenn man wieder seine Ruhe hat". Ich denke mir nur so, der erinnert mich total  von der Art und Weise an JoJo...

Wie heißt du denn überhaupt? Ich bin der Joachim, und du?

Ich fasse es nicht, der ähnelt dem so sehr und dann hat der auch noch den gleichen Namen.



In Rabe trennen sich unsere Wege, da er gerne so 30+ Kilometer pro Tag gehen möchte und eigentlich noch gar nicht richtig warm ist. Okay, warm bin ich auch noch nicht, aber mein Knie bekommt heute noch mal mehr Ruhe als Belastung. So, wie es sich bis hier anfühlt, werde ich das die nächsten 1-3 Tage wohl machen müssen.


Rabe de las Calzadas ist ein sehr idyllisches kleines spanisches Dorf mit einer alten Kirche und einem historischen Kern. Aber es hat sicherlich nicht mehr als 80 Einwohner. Die Sonne scheint wieder den ganzen Tag ohne viele Wolken und ich bin ganz froh, gegen 13:00 Uhr schon wieder Stopp machen zu können. Vor der Herberge warten schon einige Pilger, die seit 12:30 Uhr eigentlich schon geöffnet haben sollte. Die Hospitaliera kommt mit dem Auto und das Einchecken kann beginnen. Die Schuhe aus, in den Schrank gleich am Eingang, und ab mit mir in ein 8-Bett-Zimmer. Zum Glück bin ich der Erste und habe noch die freie Wahl. 8 Euro für die Nacht und 8 Euro für das Abendessen sind wirklich okay. Auf das Frühstück für 3 Euro verzichte ich lieber nach meiner Erfahrung mit dem spanischen Frühstück.

Ein riesiges  Bocadillo für 3 Euro - Hälfte jetzt und den Rest morgen als Früstück - wird auch gehen.

So, das Zimmer füllt sich. Noch ein Bett ist frei. Ich bin mir sicher, da wird sich auch noch einer finden. Es ist ja auch erst 15:00 Uhr.



So langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, wie es die kommende Nacht wird. Im gegenüberliegenden Bett ist einer seit 45 Minuten am Packen (ein und aus und wieder von vorne) und raschelt mit seinen Tüten... Herrlich! Gehört hatte ich ja schon davon, aber wie jemand soooooooooooo lange mit den paar Sachen, die man dabei hat, rumrascheln kann, ist mir echt ein Rätsel. Muss mich gerade richtig zusammenreißen, um nicht laut los zu lachen. Sein Telefon klingelt, also ist kurz mal Raschel-Pause. Okay, über mir beginnt gerade das erste Sägewerk mit der Produktion... Und der Raschler telefoniert, als wenn er Zuhause wäre. Aufgelegt und weiter rascheln und über mir geht die Produktion jetzt auf Hochtouren los... Vielleicht sollte ich mir die Ohren dauerhaft mit Wachs vollgießen lassen?


Und jeder Zweite hat hier die Füße voller Blasen. Wenn es denn nur ein Pflaster wäre, aber bei so manch einem scheint kein heiler Zeh mehr vorhanden zu sein. Bandagen an Füßen sieht man auch hier und da und es sind doch einige unterwegs, die nicht so ganz rund laufen.

Schmerzen und Verletzungen sind also völlig normal auf dem Weg. Dann werde ich mal versuchen, mich noch etwas mehr zusammen zu reißen und hoffe,  dass es bei mir zumindest mit den Blasen noch lange bei Null bleibt.



Noch ein kurzer Gang durch den Ort und im Anschluss ist das Zimmer auch komplett gefüllt.

1 Russe, 2 Portugiesen, 1 Italiener, 2 Spanier und 2 Deutsche treffen sich in Rabe de las Calzadas... fängt an wie ein Witz. Mal sehen wie der Witz morgen zu Ende geht.

Das Essen wird um 17 und 19 Uhr serviert, ich bin im zweiten Rutsch mit dabei. Es gibt sehr gute Hausmannskost, leckere Suppe mit Brot und dazu Tortilla und Salat und wie so oft ein Naturjoghurt mit Zucker als Nachtisch.

Die Tortilla ist mit Abstand die Beste, die ich je gegessen habe. Der  Rotwein ist von der leckeren Sorte und ich sitze am Tisch mit einer Italienischen Familie. Leider verstehe ich nicht allzuviel, da es in dem kleinen Raum auch noch sehr laut zugeht.


So, mal langsam bettfertig machen und noch ein wenig am Tagebuch schreiben. 

Kotzgeräusche kommen aus dem Bad... Im Zimmer riecht es nach Pferdecreme, weil die Füße ja noch gepflegt werden müssen. Von draußen dringt das Palaver in vielen Sprachen derer nach drinnen, die nach dem Essen noch ein Bier oder Wein gemeinsam trinken wollen.

Ich habe mehr als genug! Bis jetzt habe ich nur in zwei Herbergen geschlafen und dort viel Glück gehabt - und auch lange nicht so eine Reizüberflutung erlebt, wie jetzt gerade. Wird interessant und das Ende vom Witz erzähle ich morgen...


N8