10.05.2017 Leon - Villar Mazarife



Schritte: 30.701
Strecke: 22,8km
Höhe: 250m
Zeit: 6:37
Blasen: 0

Schritte: ???
Strecke: 5,92km
Höhe: 86m
Zeit: 1:32
Blasen: 0

2 mal Statistik ist kein Versehen, aber es ging heute mal etwas anders ab.

Nach Badewanne, einkaufen und einer kleinen Fotorunde durch die Stadt zählt dann die Strecke hinaus aus Leon schon nicht gerade zu den schönsten Abschnitten auf dem Jakobsweg. Nach 2-3 km ist der noch ansehnliche Teil der Stadt vorbei und man kommt in die nicht enden wollenden Randgebiete von Leon. Über die Industriegebiete ist man dann nach gut 13 km irgendwann doch endlich am Ende der Stadt und auch an der Stelle, an der man sich nun entscheiden muss.
Normalen Weg - oder - alternativen Weg.


Der alternative Weg wird im Outdoor-Führer empfohlen, da der andere Weg zwei Tage lang fast 50 Kilometer nur an der Landstraße entlang geht und laut dem Buch "nur was für absolute Masochisten wäre, die in ihrem Leben ganz viel zu büßen hätten". Naja, 13 Kilometer davon sind ja nun eh schon vorbei. Aber die Alternative ist 3,4 km länger und auf das Gehen auf der Straße hab ich echt keine Lust mehr. Also gehe ich den anderen Weg. 

Weitere 3-4 km geht es unter einer Autobahn durch an der Straße entlang in das nächste Dorf.

Endlich beginnt ein normaler Weg durch die schöne Landschaft von Kastilien, und es ist zwar nicht das beste Wetter, aber mal wieder ein Weg, der wirklich okay ist.

Nach 5 km kommt man in einen kleinen Ort mit Brunnen, und kann sein Wasser auffülle, um danach, wer hätte es gedacht, an einer (allerdings wenig befahrenen) Landstraße entlang zu laufen.


Wow!!! Die Alternative ist bis jetzt 5 km nicht an der Straße gewesen und dafür ist sie 3,4 km länger. 

50 Km tauschen gegen 53,4 Km um dann nur 48,4 Km an der Straße gehen zu müssen... wow. Super Tipp bis hier hin!



Die letzten schönen Plätze von Leon!



Der Weg, wie er die Richtung zeigt!



Verlaufen unmöglich!


Okay, rein in den Ort Villar Mazarife.

Ich gehe am liebsten in die letzte Herberge, denn dann ist es morgens immer etwas weniger Weg.

Mittlerweile regnet es auch schon seit 30 Minuten und mein rechter Fuß muckt etwas rum. Na, und nach der tollen Alternative und einem Telefonat mit Zuviel Informationen über die Arbeit ist meine Laune jetzt echt mies.


Die Herberge ist 'Completo', nur noch ein Doppelzimmer für 50 Euro mit Gemeinschaftsbad Nee, ja ist klar! Dafür kann ich bequem in jedem Hotel schlafen und hab ein eigenes Bad und muss nicht um 8 Uhr raus. Gehts noch, bitte?!

Also wieder zurück! Auf die erste Herberge hab ich keine Lust. Die zweite ist die Herberge 'Jesus' und laut Führer eine "Kultherberge, die man gesehen haben muss: die Graffitis an den Wänder zeigen laut gelbem Pilgerführer die belebte Geschichte der Pilgerei".


Okay, wie sage ich es schonend...

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Herr Joost, egal wann Sie denn mal selber dort waren - oder wie und unter welchem Einfluss die Daten aus dem Buch zustande gekommen sind - so ab und an sollte man mal schauen, was davon noch stimmt!

Graffitis? Kritzeleien trifft es doch viel besser.


Eine echte Alternative zu dem Weg an der Landstraße wäre zum Beispiel der Weg auf der Landstraße in einem Bus gewesen.


Jetzt bin ich hier bei Jesus - nicht 5 Euro, wie im Führer beschrieben, sondern 7 Euro. (Egal, vorgestern hab ich ja auch einen, laut gelbem Pilgerführer ausgetrockneten Fluss überquert, den ich ohne Probleme mit meinem Boot hätte befahren können). Ich suche die Grafitis an den Wänden...?

Meint der die Schmierereien? Hier und da ist etwas rumgemalt und gekritzelt wie in einem Kinderzimmer!

Eine Hospitaliera, die von Lustlosigkeit kaum zu übertreffen ist, zeigt mir ein Zimmer und auf die Frage nach Menü zuckt sie nur mit den Schultern... "ja, irgendwie gibt es was, aber ich könnte auch überall im Ort sonst wo essen gehen". Okay, das nenne ich mal eine Antwort!

Das Zimmer ist kalt, die Betten haben nie bessere Zeiten gesehen. Das waren und sind 50 Jahre alte, aus Eisenträgern zusammengebaute, Betten (darf man das Gestell als Bett bezeichnen?) mit alten Matratzen. Aufrecht sitzen kann man im unteren Bett nicht, da der Abstand (das ist aber leider oft so) viel zu eng ist.

Die beiden Zimmergenossen sind mit dem Ipad beschäftigt und offensichtlich aus den USA.



Gespräch ist offenbar unerwünscht, 10 Sekunden mehr hat der untere nicht für mich übrig.

Die beiden bekommen ihr Maul einfach nicht auf, sind nur am Videos schauen und gackern die ganze Zeit.

Der untere konnte in den 10 Sekunden mitteilen, das er offensichtlich gut Deutsch kann und das er das bei seinem Studium in Lüneburg gelernt hat.

Na toll, der hat 35 Km von meiner Haustür entfernt studiert, also ein Thema wäre zumindest vorhanden, aber Katzenvideos auf YouTube sind scheinbar viel interessanter als Begegnungen auf dem Jakobsweg.


Duschen, Wäsche waschen - und als ich zurück komme, mache ich einen zweiten Versuch der Kontaktaufnahme.

Wetter... wie das denn morgen werden soll, die haben ja iPad, also müssen die das wissen. Da antwortet der eine auf Deutsch: "Regen die nächsten 3-4 Tage".

Ehrlich gesagt, hatte ich nicht mit mehr gerechnet, denn, das war es dann auch schon wieder mit der Unterhaltung.


Kalt, öde und solche Zimmergenossen...och nööö!

Also zu essen gibt es dann für mich mal wieder Banana, Reste vom Brot und Schinken und zwei Stück Schokolade. Nach dem Essen von gestern baut mich das auch nicht wirklich auf.

Ich gehe mal schauen, ob es hier irgendwen zum reden gibt. Spanier, die kein Deutsch können, Engländer als Pärchen, die mit sich selber beschäftigt sind und alle Rentner aus dem Dorf stehen am Tresen. Als dann auch noch eine Gruppe Mädels oben auf dem Umlauf beginnt "Cumba ya mei Lord" mit Gitarrenbegleitung zu singen, ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Ich hätte gerne die Gitarre genommen und "Highway to Hell" gespielt, denn so fühlt sich das hier gerade für mich an.


18:30 Uhr - ich packe und gehe im Regen weiter, alles ist besser als das Loch hier.

Ach 'tschuldigung, ist ja eine Kultherberge, die man gesehen haben muss... Na okay, gesehen hab ich die und es gibt bestimmt genug die das hier richtig Toll und Kultig finden. Kalt, feucht, nach muffigem abgestandenem Kaminasche riechendem Ambiente mit einer unfreundlichen Hospitaliera, brauche ich garantiert nicht noch einmal. Obwohl das sehr Schade ist, denn aus der Anlage könnte man wirklich, ohne viel Aufwand ein echtes Schmuckstück machen.


10 km sind es auf der Alternative (und der traue ich jetzt gar nicht mehr) zum nächsten Ort. Das ist mir zu weit! Also querfeldein zurück mit 5 km auf dem Hauptweg nach Villadangos del Paramo.

Einzelzimmer ist okay, WLAN geht so halbwegs, aber ist mir auch egal! Es ist alles nass, denn die Wäsche musste ich nass in den Rucksack verstauen. Ich hab keine Idee, wie ich das hier ansatzweise bis morgen trocken bekommen soll.

Auch egal, wird ja eh wieder nass!